handbuch
a
Amtsgericht
Die untere Instanz in Strafsachen. Vor dem Amtsgericht werden Strafsachen behandelt, bei denen eine Straferwartung bis 2 Jahre Freiheitsstrafe (Strafrichter) bzw. bis 4 Jahre Freiheitsstrafe (Schöffengericht) besteht. Auch Strafbefehlssachen werden durch Richter des Amtsgerichts entschieden. Gegen Urteile des Amtsgerichts findet die Berufung vor dem Landgericht statt. Die Revision gegen erstinstanzlich durch das Amtsgericht gefällte Urteile behandelt das Oberlandesgericht.
b
Bankgeheimnis
Verbreiteter volkstümlicher Mythos, der beinhaltet, dass Kundendaten der Banken einem besonderen Schutz unterliegen. Im Strafverfahren gilt dies jedenfalls nicht. Es ist im Gegenteil sogar so, dass die Banken unten den Voraussetzungen des Geldwäschegesetzes verpflichtet sind, Kunden anzuzeigen sofern diese Geldbewegungen vornehmen, die der Gesetzgeber als verdächtig definiert hat.
Berufung
Rechtsmittel gegen Urteile des Amtsgerichts. Bei diesem Rechtsmittel wird die Verurteilung umfassend überprüft. Das bedeutet, dass sowohl die Tatsachenfeststellungen als auch die rechtlichen Fragen nochmals umfassend verhandelt werden.Im Rahmen der Revision werden nur Rechtsfehler geprüft.
Das deutsche Strafprozeßrecht hat die merkwürdige Besonderheit, dass bei Straftaten die vom Landgericht erstinstanzlich verhandelt werden (d.h.eine Freiheitsstrafe von mehr als 4 Jahren droht), eine Berufung nicht möglich ist. Die entsprechenden Urteile des Landgerichts sind nur mit der Revision anzufechten, während die Urteile der Amtsgerichte durch Revision und Berufung anzugreifen sind.
Betrug § 263 StGB
Der Betrug ist zweifellos einer der faszinierendsten Tatbestände des Strafgesetzbuches – aus mehreren Gründen. Zunächst ist die Reichweite des Delikts vom Bagatellschaden bis zum Milliardenverlust bemerkenswert. Ob man unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in der Fußgängerzone einen Euro erschwindelt oder Anleger unter der Vortäuschung vermeintlich hoher Renditechancen um Millionen prellt – die Anklage wird wegen Betruges erhoben (jedenfalls auch).
Der Tatbestand ist scheinbar klar strukturiert. Er setzt objektiv
- eine Täuschungshandlung
- eine Irrtumserregung
- eine Vermögensverfügung und schließlich
- einen Vermögensschaden voraus.
Subjektiv ist Vorsatz hinsichtlich der objektiven Tatbestandsmerkmale, der angestrebten Bereicherung und der Rechtswidrigkeit des Vermögensvorteils erforderlich.
Es ist hier nicht die Stelle, die Fülle von Problemen darzustellen, die sich in der Anwendung des Tatbestandes ergeben. Im täglichen Leben sollte man allerdings wissen, dass die Strafjustiz davon ausgeht, dass man die Täuschungshandlung auch durch Unterlassen begehen kann. Wer die Pflicht hat, gegenüber Behörden Angaben zu machen, kann eine Täuschungshandlung begehen und schließlich auch einen Betrug begehen, wenn die Behörde wegen der unterlassenen Angaben zahlt oder weiterzahlt (z.B. Sozialleistungsbetrug). Dass Verstöße gegen die entsprechenden Pflichten in den einschlägigen Gesetzen oft nur als Ordnungswidrigkeiten sanktioniert werden, hindert die Rechtsprechung nicht, auch von einem Betrug auszugehen. Wie weit solche Delikte der Behäbigkeit vom Urbild des Betruges, bei dem der Betrüger unter engagierter Aufbietung seiner
Glaubwürdigkeit andere Leute hinters Licht führt, entfernt sind, bedarf keiner weiteren Erörterung. Im Zusammenhang damit steht auch der dritte Punkt, der den Betrugstatbestand für einen Strafverteidiger interessant macht – die psychologische Dimension des Betruges und die Psychologie des Betrügers. Kein anderes Delikt setzt so vollständig eine freiwillige (wenn auch manipulativ erwirkte) Mitwirkung des Opfers – durch seine Vermögensverfügung – voraus. Dabei ergibt die Betrachtung der Opferseite ein außergewöhnlich schillerndes Bild. Die Bandbreite der Beweggründe, die einen Menschen für einen Betrug erreichbar machen, ist breit. Sie reicht von Hilfsbreitschaft (Enkeltrick) bis zu Gier (»hochverzinsliche« Anlage von Schwargeld). Die Fähigkeit der Täter von Betrugsstraftaten, die psychologischen Schwachstellen ihrer Gegenüber zu erkennen und auszunutzen, ist ein weiterer bemerkenswerter Aspekt des Delikts.
Bewährung
Die Chance die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe durch Absolvierung einer gerichtlich überwachten Wohlverhaltensphase (Bewährungszeit) abzuwenden. Sie kommt bei der Verurteilung aber auch während der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe in Betracht. Voraussetzung ist jeweils eine günstige Sozialprognose, d.h. die begründete Erwartung eines zukünftig straffreien Lebens.
Die Aussetzung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung bei der Verurteilung ist nur möglich, wenn diese 2 Jahre nicht überschreitet. Der durch das Gericht zu erlassende Bewährungsbeschluß beinhaltet regelmäßig Bewährungsauflagen, wie z. B. eine Geldauflage, die Auflage gemeinnützige Arbeit zu leisten oder sich der Aufsicht eines Bewährungshelfers zu unterstellen.
Bei der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe kommt die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung in Betracht. Bei Personen, die erstmals eine Strafe verbüßen, kommt dies für die zweite Hälfte der Strafe in Frage, bei allen anderen nach zwei Dritteln der Haftzeit.
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Freispruch
Ein Freispruch ergeht, wenn die Unschuld des Angeklagten erwiesen oder seine Schuld unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt festgestellt werden kann. Einen Freispruch »aus Mangel an Beweisen« gibt es rechtlich nicht. Gleichwohl ist es verbreitete Unart, dass Gerichte Freisprüche während der Urteilsbegründung zu einem Freispruch »zweiter Klasse« degradieren. Ich halte dies gleichermaßen für unzulässig wie unwürdig.
Im Übrigen sind Freisprüche statistisch ein seltenes Prozeßergebnis. Bei den Gerichten verhandelte Strafverfahren enden nur in 3 bis 4% der Fälle mit einem Freispruch.
p
Pflichtverteidigung / notwendige Verteidigung
Eine sogenannte Pflichtverteidigung kann auftreten wenn ein Fall notwendiger Verteidigung vorliegt. Der § 140 StPO regelt die Einzelheiten, wann ein Fall der notwendigen Verteidigung vorliegt. Ziel der Regelungen über die notwendige Verteidigung ist es, den von Strafverfolgung Betroffenen eine die Rechtsstaatlichkeit sicherstellende Verteidigung zu gewährleisten. Kurz zusammengefasst liegt ein Fall notwendiger Verteidigung dann vor, wenn dem Beschuldigten / Angeklagten besonders harte Rechtsfolgen / Strafen drohen oder die Verteidigung für den Angeklagten mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Dann ist die Mitwirkung eines Verteidigers gesetzlich vorgeschrieben.
Dieser Pflicht kann genügt werden, wenn der Beschuldigte einen Verteidiger wählt und dieser die Verteidigung übernimmt. Sofern dies nicht der Fall ist – und die Voraussetzungen der notwendigen Verteidigung vorliegen-, hat das Gericht dem Beschuldigten einen Verteidiger zu bestellen. Sofern der Beschuldigte einen Rechtsanwalt seines Vertrauens benennt, ist dieser durch das Gericht zu bestellen. Andernfalls wählt der Vorsitzende des Gerichts einen Verteidiger (oft aus dem Kreis der ihm genehmen Rechtsanwälte). Durch das Gericht bestellte Verteidiger (Pflichtverteidiger) werden dann aus der Staatskasse vergütet. Im Falle der Verurteilung werden diese Kosten allerdings dem Angeklagten als Verfahrenskosten auferlegt.
Die materielle Bedürftigkeit des Beschuldigten / Angeklagten ist, wie oben dargestellt, nur mittelbar ein Kriterium für die Bestellung eines Pflichtverteidigers. In der Praxis herrscht verbreitet die falsche Auffassung, die Pflichtverteidigung sei der Prozeßkostenhilfe des Strafrechts. Das ist falsch. In einfach gelagerten Fällen (unter Umständen z.B. Straferwartung bis 1 Jahr Freiheitstrafe) ist der mittellose Angeklagte darauf angewiesen, sich selbst zu verteidigen.
Die Vergütung der Pflichtverteidiger aus der Staatskasse ist limitiert und ermöglicht in komplexeren Verfahren keine angemessene Verteidigung.
r
Revision
Rechtsmittel gegen Urteile, bei dem nur die Rechtmäßigkeit des Urteils überprüft wird. Gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts oder Oberlandesgerichts (sehr selten) ist nur die Revision möglich. Über die Revision entscheidet der Bundesgerichtshof.
In Verfahren, die erstinstanzlich vor dem Amtsgericht stattfinden, wird das Revsionverfahren vor dem zuständigen Oberlandesgericht geführt. Dabei kann das amtsgerichtliche Urteil direkt mit der Revision angegriffen werden (sogenannte Sprungrevision) oder gegen das Urteil geführt werden, das das Landgericht nach einem Berufungsverfahren gesprochen hat.
Die Revision kennt die Sach- und die Verfahrensrüge. Die Verfahrensrüge richtet sich gegen eine fehlerhafte Anwendung des Rechts bei der Urteilsfindung. Die Sachrüge thematisiert die fehlerhafte Gesetzesanwendung beim Urteil selbst.
Während die Sachrüge in allgemeiner Form erhoben werden kann, ist die Verfahrensrüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist zu begründen. Durch die Rechtsprechung sind für für die Verfahrensrüge sehr hohe Begründungsanforderungen entwickelt worden, die jedenfalls durch Laien -und oft auch durch Rechtsanwälte- nicht zu erfüllen sind.
Jugendstrafrecht
Das Jugendstrafrecht ist ein besonderer Teil der Strafrechtsordnung, der regelt, wie auf die Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden reagiert wird. Jugendliche sind Personen zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr, Heranwachsende sind Personen zwischen dem 18. und 19. Lebensjahr. Sofern Heranwachsende Straftaten begehen, können diese nach den Regelungen des Jugendstrafrechts geahndet werden, sofern die Heranwachsenden nach ihrer sittlichen oder geistigen Entwicklung noch einem Jugendlichen gleichstehen oder es sich bei der Tat um eine jugendtypische Verfehlung handelt. Die Anklagen gegen Jugendliche und Heranwachsende werden immer von speziellen Jugendgerichten verhandelt.
Es gibt ein spezielles Jugendstrafrecht, weil Verstöße gegen (Straf-)Gesetze bei Jugendlichen und Heranwachsenden eine Begleiterscheinung ihrer Erwachsenwerdung sein können, ohne dass diese ein sicherer Hinweis auf eine verfestigte kriminelle Entwicklung sind. Interessanterweise gilt dies für Jugendliche und Heranwachsende weltweit – egal in welchem Kulturkreis die Erwachsenwerdung stattfindet.
Es ist deshalb sehr sinnvoll, die Straftaten von Jugendlichen und Heranwachsenden nicht wie die von Erwachsenen zu behandeln, weil strafrechtliche Sanktionen, wie sie für Erwachsene vorgesehen sind, ggf. dauerhaft negative Folgen haben können. Eine jugendspezifische, erzieherische Reaktion kann der Verfestigung krimineller Handlungsweisen demgegenüber langfristig sinnvoller sein.
Das Jugendstrafrecht ist deshalb vom sog. Erziehungsgedanken geprägt, während im Erwachsenenstrafrecht die Reaktion auf Schuld im Mittelpunkt steht. Der Erziehungsgedanke schlägt sich in einer Reihe von prozessualen Besonderheiten nieder. So gibt es die bei den Jugendämtern angesiedelte Jugendgerichtshilfe, die sich besonders um erzieherische Aspekte kümmert. Für Jugendstrafverfahren sind speziell qualifizierte Jugendstaatsanwälte und Jugendgerichte zuständig. Auf der Seite der sog. Rechtsfolgen gibt es ebenfalls eine Reihe von Besonderheiten. Hervorzuheben ist dabei besonders, dass die Inhaftierung von Jugendlichen und Heranwachsenden wesentlich zurückhaltender erfolgt, weil die negativen Folgen einer Inhaftierung für die weitere Entwicklung des jungen Menschen besonders berücksichtigt werden.
Der Unterzeichner hat in seiner beruflichen Laufbahn in einer Vielzahl von Jugendstrafverfahren als Strafverteidiger gearbeitet und hat einige Zeit Sozialarbeiter im Bereich des Jugendstrafrechts ausgebildet.
s
Schuld
»Schuld ist Vorwerfbarkeit« – so definieren Strafjuristen die Schuld.
Die Schuld ist für die Strafe in zweierlei Hinsicht von Bedeutung. Sie ist Grundvoraussetzung für die Strafbarkeit (keine Strafe ohne Schuld) und gleichzeitig Grundlage für die Zumessung der Strafe (§ 46 StGB).
Die §§ 20 und 21 des Strafgesetzbuches regeln, wann Schuldunfähigkeit bzw. eingeschränkte Schuldfähigkeit vorliegen. Die Schuldfähigkeit ist immer dann betroffen, wenn der Täter unfähig oder eingeschränkt ist, das Unrecht der Tat einzusehen und/oder nach dieser Einsicht zu handeln. Ursachen hierfür können Erkrankungen/Störungen des Geistes/der Seele, Rauschzustände oder aber auch der Affekt sein. Sofern festgestellt wird, dass der Täter bei Tatbegehung nicht schuldfähig war, ist er freizusprechen. Die Feststellung einer verminderten Schuldfähigkeit gem. § 21 StGB kann zu einer Strafmilderung führen.
Ein weit verbreiteter Irrtum ist, dass die Feststellung einer Schuldunfähigkeit oder einer verminderten Schuldfähigkeit für einen Angeklagten immer erstrebenswert ist. Dabei wird übersehen, dass die Feststellung der Voraussetzungen der §§ 20, 21 StGB die Möglichkeit einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB oder einer Entziehungsanstalt gem. § 64 StGB eröffnet. Gerade die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach § 63 StGB ist alles andere als erstrebenswert, da sie – im Gegensatz zu einer Freiheitsstrafe – zeitlich unbefristet ist. Sie wird gem. § 67 d Abs. 2 StGB erst dann zur Bewährung ausgesetzt, »wenn zu erwarten ist, daß der Untergebrachte außerhalb des Maßregelvollzugs keine rechtswidrigen Taten mehr begehen wird«. Dies kann dazu führen, dass die Dauer der Unterbringung die Dauer einer Freiheitsstrafe weit übersteigt. Eine Unterbringung bis ans Lebensende ist für Gewalttäter nicht unwahrscheinlich.
Strafbefehl
Der Strafbefehl ist ein gerichtlicher Beschluß mit dem eine Straftat geahndet wird. Im Gegensatz zu einem Strafurteil geht dem Strafbefehl keine (öffentliche) Hauptverhandlung voraus. Er wird durch die Staatsanwaltschaft beantragt und durch den zuständigen Richter (fast immer) allein auf der Basis seiner Aktenkenntnis erlassen. Die Möglichkeit einer Ahndung per Strafbefehl ist auf Vergehen beschränkt. Die per Strafbefehl zu verhängenden Rechtsfolgen sind gem. § 407 StPO beschränkt. Zwar kann sogar eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr per Strafbefehl verhängt werden, dies ist jedoch nur zulässig, wenn der Angeklagte einen Verteidiger hat.
Neben der eigentlich mit dem Strafbefehl angestrebten Entlastung der Justiz kann ein Strafbefehl auch für einen Beschuldigten vorteilhaft gegenüber einem Urteil nach öffentlicher Hauptverhandlung sein. Besonders wenn der Tatvorwurf unbestreitbar feststeht, kann ein Verteidiger durch Gespräche mit der Staatsanwaltschaft und / oder dem Gericht Einfluß auf des Strafmaß nehmen und seinem Mandanten eine öffentliche Hauptverhandlung und damit Aufmerksamkeit ersparen. Gerade bei Personen die anderweitig öffentlich bekannt sind, kann das sehr sinnvoll sein.
Gegen Strafbefehle kann gem. § 410 StPO innerhalb einer Frist von zwei Wochen Einspruch eingelegt werden. Der Einspruch kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden. Es kommt dann zu einer öffentlichen Hauptverhandlung in der über den Einspruch verhandelt wird.
Sofern lediglich die Höhe der Tagessätze einer verhängten Geldstrafe angegriffen wurde, kann das Gericht per Beschluß entscheiden.
Zur Entscheidung, ob man einen Strafbefehl akzeptiert, sollte man sich anwaltlich beraten lassen. Ein rechtskräftiger Strafbefehl gilt als vollwertige strafrechtliche Verurteilung und kann erhebliche Nebenfolgen haben, die dem Laien i.d.R.nicht bekannt sind. Unter solchen Umständen kann ein Akzeptieren des Strafbefehls falsch und das Anstreben eines Freispruchs oder einer Verfahrenseinstellung zwingend geboten sein. Es ist aber auch zu bedenken, dass bei einem Einspruch gegen einen Strafbefehl kein »Verböserungsverbot« gilt. Nach einer Verhandlung kann der Richter die im Strafbefehl ausgesprochene Strafe erhöhen. Auch um dieses Risko abzuwägen, empfiehlt es sich,im Strafbefehlsverfahren den Rat eines Strafverteidigers einzuholen.
Strafverfahren Einstellung nach § 153a StPO
Die Staatsanwaltschaft, oder nach Klageerhebung das Gericht, können ein Strafverfahren nach § 153a StPO einstellen, wenn es sich bei der verfolgten Tat um ein Vergehen handelt und das öffentliche Interesse sowie die Schwere der Schuld einer Einstellung des Verfahrens nicht entgegenstehen. Die Einstellung ist immer von der Zustimmung des von der Strafverfolgung Betroffenen abhängig.
Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO wird von der Erfüllung von Auflagen durch den Beschuldigten abhängig gemacht (im Unterschied zur Einstellung nach § 153 StPO) . In der Praxis wird dem Beschuldigten oft auferlegt, einen Geldbetrag an eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse zu zahlen (§ 153 a Abs. 1 Nr. 2 StPO).
Diese Art der Verfahrenseinstellung kommt nach dem Gesetzestext nur dann in Betracht, wenn von einer Schuld des Beschuldigten und einem öffentlichen Interesse an der Strafverfolgung auszugehen ist, diese aber nicht schwer wiegen. Tatsächlich kommt es zu Verfahrenseinstellungen aber auch in Fällen, wo eine Verfahrenseinstellung nach § 170 Abs.2 StPO näher läge oder auch ein Freispruch möglich erscheint. Dass Beschuldigte gleichwohl einer Einstellung nach § 153 a StPO zustimmen, ist dadurch zu erklären, dass diese Norm die Kernvorschrift für das »dealen« im Ermittlungsverfahren ist. Gerade ein gut beratener Beschuldigter wird eine umfassende prozessuale Kosten-Nutzen-Abwägung durchführen, die zum Ergebnis führen kann, dass die Risiken des Verfahrens schwerer wiegen als die Chance vollständiger Entlastung vom Tatvorwurf. Dabei ist zu bedenken, dass die Unschuldsvermutung durch eine Verfahrenseinstellung nach § 153a StPO nicht widerlegt ist. Durch die Zustimmung zu einer solchen Verfahrenseinstellung entsteht also allenfalls ein rechtlich irrelevantes »Geschmäckle«.
Strafverfahren Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO
Abschluss des Ermittlungsverfahrens, sofern das Verfahren aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht »genügend Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage« gegeben hat. Die Einstellung des Verfahrens auf Grundlage dieser Norm kommt also immer dann in Betracht, wenn die Ermittlungen keinen hinreichenden Tatverdacht ergeben haben. Zugespitzt kann man Einstellungen nach dieser Norm als »Freisprüche des Ermittlungsverfahrens« bezeichnen.
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Unfallflucht Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
Definitiv das Delikt des Strafgesetzbuches, wegen dessen auch Leute verurteilt werden, die eigentlich nicht bei Rot über die Ampel gehen würden. Das hat nach meiner Einschätzung zwei Gründe:
1. Es hat wohl einen ganz eigenen, starken Reiz, den Ort eigenen Fehlverhaltens schnell hinter sich zu lassen.
2. Dass man einen Unfall nicht bemerkt, bedeutet noch lange nicht, dass später vor Gericht nicht ein Gutachter doch feststellt, dass man den Unfall hätte bemerken müssen – und das Gericht dem folgt.
Das sind die aus §142 StGB resultierenden Pflichten für einen Unfallbeteiligten:
Wer an einem Unfall beteiligt ist, hat die Pflicht, zu Gunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er am Unfall beteiligt ist zu ermöglichen.
Sofern niemand anwesend ist, der die Feststellungen treffen kann, hat man eine angemessene Zeit (je nach Schadenshöhe geht die Rechtsprechung von mindestens 30 Minuten aus) zu warten und die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen (indem man den anderen Unfallbeteiligten oder die Polizei informiert).
Ein Strafverfahren bzw. die Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort kann sehr unangenehme Folgen haben. Sofern bei dem Unfall andere Personen erheblich verletzt wurden oder ein Sachschaden von mehr als 1500 € eintritt, erfolgt in der Regel – neben einer Geldstrafe- eine Entziehung der Fahrerlaubnis gemäß Paragraph 69 StGB bzw. die Anordnung einer Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gemäß Paragraph 69a StGB. Nicht selten erfolgt bereits im Ermittlungsverfahren eine Beschlagnahme des Führerscheins gemäß § 111a StGB.
Zivilrechtlich droht als Nebenfolge, dass die eigene Haftpflichtversicherung wegen einer so genannten Obliegenheitsverpflichtung für an den Unfallgegner gezahlte Leistungen einen Regress geltend macht. Der Regress kann im Regelfall bis 2500 €aber in gravierenden Fällen auch 5000 € betragen.
Sofern es zu einer Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort kommt, kann auch die Rechtsschutzversicherung als Vorschuss gewährte Leistungen an den Rechtsanwalt vom Versicherungsnehmer zurückfordern.
Eine Fahrerflucht/Unfallflucht kann also sehr unangenehme Folgen haben. Im Fall der Fälle ist sofortiger anwaltlicher Rat unbedingt zu empfehlen.
Untersuchungshaft
Haft gegen eine Person, die der Begehung einer Straftat nur dringend verdächtig ist, die aber nicht rechtskräftige verurteilt ist. Dieser Eingriff in die Freiheit eines Menschen, dessen Schuld nicht rechtskräftig festgestellt ist, greift in die Unschuldsvermutung ein und bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung. Es ist Aufgabe der Strafverteidiger bei jedem einzelnen Fall sicherzustellen, dass die juristische Rechtfertigung von Untersuchungshaft den hohen rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht wird.
Die Untersuchungshaft wird durch richterlichen Beschluß angeordnet (Haftbefehl). Zur Anordnung der Untersuchungshaft bedarf es neben des dringenden Tatverdachtes gegen den Verhafteten und dem Vorliegen eines Haftgrundes. Die Haftgründe sind in den §§ 112 und 112a StPO aufgeführt. In der Praxis häufigster Haftgrund ist die Fluchtgefahr gem. § 112 Abs. 2 Nr.2.
Gegen einen Haftbefehl sind Haftprüfung und Haftbeschwerde zulässig.
Als besondere Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist es gem. § 116 StPO möglich, dass ein Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt werden
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Verbrechen – Begriff
Verbrechen sind Straftaten die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind.
Vergehen – Begriff
Vergehen sind Straftaten, die im Mindestmaß von einer Freiheitsstrafe von weniger als einem Jahr oder Geldstrafe bedroht sind. Heißt es z.B. wie in § 242 StGB -Diebstahl- …“ wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“, handelt es sich bei der Tat um ein Vergehen.
Bedeutung erlangt der Begriff durch die Unterscheidung vom Begriff des Verbrechens. Aus der Unterscheidung ergeben sich strafprozessuale Konsquenzen. So ist z.B. der Amtsrichter als Strafrichter nur für die Entscheidung über Vergehen zuständig (§ 25 GVG).
Vorbestraft
Im allgemeinen Sprachgebrauch hat die Begrifflichkeit des »Vorbestraftseins« eine gewisse Bedeutung. Ein juristisches Gewicht hat der konkrete Begriff nicht.
Allerdings hat § 53 Bundeszentralregistergesetz in dem Zusammenhang eine Bedeutung. Nach dieser Norm darf sich der Verurteilte als unbestraft bezeichnen, wenn die Verurteilung
1. nicht in das Führungszeugnis oder nur in ein Führungszeugnis nach § 32 Abs. 3, 4 aufzunehmen oder
2. zu tilgen ist.
Praktisch relevant ist besonders § 32 Abs.2 Nr. 5 BZRG nach dem eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe bis zu drei Monaten oder zu einer Geldstrafe bis 90 Tagessätzen nicht in das Führungszeugnis aufzunehmen ist, sofern -dies wird oft übersehen- im Register keine weitere Strafe eingetragen ist. Also auch zwei Geldstrafen á 30 € führen zu einem Führungszeugnis mit Eintrag.